Liebe Leser:innen,
Liebe Journalist:innen,
​Liebe Medienbetrachter:innen,

Ich habe über meine Anwältin Rena Zulauf heute eine superprovisorische Verfügung erwirkt, in der Michèle Binswanger persönlichkeitsverletzende Äusserungen zu meiner Person verboten werden. Es ist dies kein drastischer Schritt, wie manche von Ihnen vielleicht denken. Und es ist auch kein Manöver gegen die Meinungs- oder Medienfreiheit. Es ist vielmehr ein Schritt im Sinne des Rechtsstaates, der Personen vor falschen, irreführenden und diffamierenden Äusserungen schützt. 

Es tut mir fast Leid, dass ich immer noch mit dieser alten Kiste kommen muss, ich kanns selber manchmal fast nicht mehr hören. Aber sobald man glaubt, jetzt sei Ruhe eingekehrt, gehts wieder los. In langwierigen Prozessen habe ich mich gegen den “Blick” und die “Weltwoche” erfolgreich zur Wehr gesetzt. Beide Publikationen haben auf krasse Weise meine Persönlichkeit verletzt. Und leider hört es noch immer nicht auf. Immernoch gibt es Journalist:innen, die meinen, besser zu wissen, was geschehen ist. Dass sich auch eine Tages-Anzeiger-Redaktorin daran gemacht hat, meine Intimsphäre erneut zu verletzen, macht mich sprachlos. 

Ausgerechnet Michèle Binswanger. Sie hat sich früh in ihrem Urteil über mich festgelegt. Ich hätte “zu viel gebechert” dann “ein Techtelmechtel” gehabt und anschliessend “einen Quickie” mit dem SVP-Kollegen im offenen Nebenzimmer an der Zuger Landammannfeier hingelegt. Belege hatte sie für ihre Version keine, aber eine unglaublich verletzende Schlussfolgerung, die sie in die Überschrift “Jolanda Spiess Hegglin schadet der Sache der Frauen” goss.

Michèle Binswanger macht sich journalistisch unglaubwürdig. Die Republik beschrieb ihr Verhalten mir gegenüber in den sozialen Medien als “jegliche Contenance verlieren”. Aber in letzter Zeit wurde es doch etwas ruhiger. Und irgendwann dachten meine Familie und ich, Frau Binswanger hätte sich beruhigt. 

Falsch. Vor einiger Zeit rief mich die ehemalige “Vice”-Journalistin Nadja Brenneisen (die sich laut eigener Aussage auch wegen der wiederholten aggressiven, verbalen Attacken durch Michèle Binswanger inzwischen vom Journalismus zurückgezogen hat) an. Michèle Binswanger sei am Recherchieren. Sie wolle was schreiben über die Zuger “Sex-Affäre” (sic!) und habe ihr Fragen geschickt, zu einem Artikel, den Brenneisen vor fünfeinhalb Jahren geschrieben hatte. Der Artikel warf offene Fragen zu der im Herbst 2015 herrschenden Medienmeinung in meinem Fall auf, hinterfragte und ordnete journalistisch ein, war aber nur kurze Zeit öffentlich sichtbar. Er wurde unter grossem juristischem Druck gegen die Mini-Redaktion von “Vice” vom Netz genommen. 

Michèle Binswangers Fragenkatalog an Nadja Brenneisen zu ihrer Vice-Publikation liest sich wie ein einziger Anschuldigungskatalog. Die Fragen lassen den Schluss zu, dass Michèle Binswanger Kopien der Untersuchungsakten vorliegen, die damals wohl auch schon Weltwoche-Autor Philipp Gut zugespielt worden sind. Gut verstieg sich damals zur Behauptung, ich hätte mir alles im Nachhinein ausgedacht, um einen Seitensprung zu vertuschen. Vor seinem Prozess attestierte ihm Michèle Binswanger damals öffentlich gute gerichtliche Erfolgsaussichten. Gut ging vor Gericht sang und klanglos unter und wurde von zwei Gerichtsinstanzen wegen mehrfacher übler Nachrede verurteilt.

Journalistische Fragwürdigkeit zieht sich schliesslich durch ihr Projekt. Ihre Rechercheanfragen verschickt Michèle Binswanger von ihrem Tamedia-Mail-Account aus und lässt alle angefragten Personen damit im Glauben, es gehe um einen Tagi-Artikel. Erst auf Umwegen war in Erfahrung zu bringen, dass Michèle Binswangers Recherchen offenbar zu einem Buch führen sollen. Michèle Binswanger behauptet ausserdem, das Buch sei ein Auftragsprojekt ihres Arbeitgebers. Der Tamedia-Verleger Pietro Supino und Chefredaktor Arthur Rutishauser liessen hingegen schriftlich ausrichten, dass “das Projekt auf Initiative von Michele Binswanger und nicht im Auftrag des Tagesanzeigers oder durch Tamedia entsteht”. 

Strafrechtlich ist der Fall abgeschlossen. Die Staatsanwaltschaft hat alle Ermittlungen vor Jahren eingestellt. Zivilrechtlich geht es allerdings noch um sehr viel. Hier steht ein vermutlich wegweisender Medien-Prozess an. Es geht darum, das Geld einzufordern, dass der “Blick” mit rund 200 Artikeln über mich erwirtschaftet hat, nachdem er meine Persönlichkeitsrechte verletzt hat. Das wird ein langer Weg. Aber ich gehe ihn. Es ist mir wichtig. Auch für die Qualität des Journalismus. Wiederholte Persönlichkeitsverletzung in unendlichen Kampagnen soll kein kalkulierbares, pseudo-journalistisches Geschäftsmodell bleiben. 

Ich bin sehr erleichtert darüber, dass sich der Tamedia-Verleger von dem Buchprojekt distanziert. Es hätte sonst der Verdacht aufkommen können, Tamedia würde versuchen, den Boulevard-Kollegen von Ringier bei der Verteidigung des Geschäftsmodells beistehen zu wollen. Der Ringier-Verteidigung käme es wohl sehr gelegen, wenn meine Glaubwürdigkeit pünktlich zum anstehenden Prozess wieder in den Dreck gezogen würde. Der heutige Ringier-Anwalt ist übrigens der gleiche Rechtsvertreter, der damals die Vice-Journalistin Brenneisen betreut hat und ihr mitgeteilt hat, dass der Vice-Artikel rechtlich in Ordnung sei. Bei Ringier steht auch der Verlobte von Michèle Binswanger, Peter Wälty, immer noch unter Vertrag. Er arbeitete die letzten Jahre in oberster Kaderfunktion für den “Blick”. Schon diese Form von Befangenheit schliesst eine anständige journalistische Arbeit im Auftrag einer Qualitätszeitung wie dem Tagesanzeiger aus. Gut so.

Meine Familie und ich sind 6 Jahre lang aufgrund falscher medialer Vorverurteilungen durch die Hölle gegangen. Ich bin nicht bereit, mich von einer offensichtlich befangenen Journalistin erneut medial vorführen zu lassen und anschliessend über jahrelange Gerichtsprozesse meinen Ruf mühsam wieder herzustellen mit gewonnenen Urteilen, welche die schuldigen Zeitungen nicht einmal abdrucken. 

Es langt jetzt.

Zum Verständnis

Lassen Sie mich ein paar Punkte klarstellen, die immer noch regelmässig falsch kolportiert werden. Nur schon daran sehen Sie, wie schwer es ist, ein unwahres, medial verbreitetes Bild im Nachhinein zu korrigieren. 
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  • Die Landammann-Feier in Zug liegt bald 6 Jahre zurück. Ich habe mich nicht, wie fälschlich behauptet wurde, an die Medien gewandt. Ich wurde vom Blick mit Bild und Namen und gegen meinen Willen in die Medienarena gezerrt. Wie die Meldung von meinem Spitaluntersuch an die Medien ging, weiss man nicht. Ich war es sicher nicht.
  • Ich habe M.H. nicht angezeigt oder der Schändung oder Vergewaltigung bezichtigt. Die Ermittlungen geschahen nach meinem Spitalgang von Amtes wegen. Hauptverdächtigt war M.H. Das Verfahren wurde eingestellt, somit ist er unschuldig. Mir wurde von der Staatsanwaltschaft attestiert, dass ich von einer Schändung ausgehen durfte, ich nichts falsch gemacht habe und es keinen Täter gibt.
  • Weil die medizinischen Untersuchungen zu spät vorgenommen wurden, konnten keine “K.O.”-Tropfen oder entsprechende Substanzen nachgewiesen werden. Auch Alkohol wurde nicht nachgewiesen. Nachgewiesen ist aber, dass ich an diesem Abend nicht viel getrunken hatte. 
  • Ich habe mich damit abgefunden, dass die Vorkommnisse der besagten Zuger Landammanfeier nie ans Licht kommen werden. Das war für mich lange äusserst schwer zu akzeptieren. Ich gehe aber inzwischen davon aus, dass der damals weithin ebenso unbekannte M.H. genauso ein Opfer verabreichter Substanzen wurde, wie ich. Beweisen kann ichs allerdings nicht. Weder M.H. noch ich können uns erinnern, was passiert ist.
  • Wegen Verletzung meiner Persönlichkeit wurde der Blick zivilrechtlich verurteilt. Der Blick veröffentlichte über 200 sexistische und diffamierende Artikel über mich. Ebenso wurde der Weltwoche-Vizechef Philipp Gut wegen mehrfacher übler Nachrede verurteilt. Die Argumentation der Gegenseite berief sich immer auf die Medienfreiheit. Die verschiedenen Richter hörten sich alles an – und entschieden jeweils, dass Medienfreiheit zwar ein hohes Gut sei, aber auch, dass sich daraus kein Recht auf Verletzung der Privat- und Intimsphäre ableiten lässt. Die Medienhäuser und ihre vermeintlichen Enthüllungsjournalisten wurden allesamt verurteilt.

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