Also, hรถrt grad kurz alle nochmal her. Ich mรถchte mich hiermit zum wiederholten Mal und ausdrรผcklich fรผr den gesetzten Like unter den Tweet, welcher als Teilelement auch ein Bild einer historischen, vermutlich aus Zeiten der franzรถsischen Revolution stammenden Hinrichtungsszene enthielt, entschuldigen.
Die Tages-Anzeiger-Journalistin bezeichnet sich auf Twitter, jener Social Media-Plattform, auf welcher dieses Bild in einem Kontext erschienen war, als Jeanne dโArc der Pressefreiheit und spielt zwar mit dem Bild der hingerichteten Mรคrtyrerin. Weiter wurde im Kommunikationsverlauf (Kontext) die von der Tages-Anzeiger-Journalistin in einem neu erschienenen Artikel verwendeten Metaphern โmediale Hinrichtungโ, โvirtueller Scheiterhaufenโ oder der Satz โDer Vorwurf, rechts zu sein, kann ein gesellschaftliches Todesurteil seinโ von einem Kollektiv in ebendiesem Szenenbild dargestellt.ย
Ein Bild zu zeigen ist aber nochmal etwas anderes, als ein Wortbild zu bedienen.ย
Es verletzt die Gefรผhle der dargestellten Person und jene der Betrachter. Es brennt sich ein, das haben die Mitlesenden – auch ich – gemerkt. So wurde dann auch die รberschrift des Tweets โWas der Rest der Welt sieht: *He Michele, das stimmt gar nicht*ย vs. Was Michele sieht: *(Bild)*โ von vielen รผberlesen.
Fรผr die missglรผckte Bebilderung haben sich die Urheber des Kollektivs Megafon Reitschule Bern inzwischen entschuldigt, reflektiert, den Fehler ausfรผhrlich eingestanden und den Tweet entfernt.
Wie gesagt, abgeschnittene Kรถpfe zeigt man nicht. Auch in lรคcherlichen Montagen nicht und egal, ob ich die vermeintliche Tรคter-Opfer-Umkehr der Autorin begrรผsse oder nicht: Es wรคre an mir und an #NetzCourage gewesen, mich auch รถffentlich, also nicht bloss im selben Textverlauf auf Twitter, zu distanzieren. Das hรคtte ich ohne Zรถgern auch in Medienerzeugnissen gemacht, wenn ich gefragt worden wรคre. Bis jetzt wurde mir diese Gelegenheit nicht gegeben. Deshalb mache ich es hier noch einmal mit Bedauern und explizit.
Ich hรคtte auch gerne mein Bedauern gegenรผber 20Minuten ausgedrรผckt. Dort wurde das anstรถssige Bild tausendfach verbreitet, nachdem der Tweet und das Bild von Megafon lรคngst entfernt worden waren. Allerdings wurde ich in dem Artikel nicht um meine Meinung gefragt oder um eine Stellungnahme gebeten. Ich hรคtte auch hier gesagt, dass ich den Like bereue, verstanden habe, dass Bilder heftiger wirken als geschriebene Journalistinnentexte, meinen Fehler eingesehen und mich inzwischen รถffentlich distanziert habe.
Der Like, meiner war einer unter 72, den ich – zugegeben – ziemlich im Affekt unter das Bild gesetzt habe, veranlasst den obersten Chefredaktor von Tamedia, Arthur Ruthishauser, zu einem Kommentar, in welchem er mich der Volksverhetzung bezichtigt, โwie wir sie bei Rechtsextremen erwarten und wie wir sie eigentlich seit 1945 bei uns รผberwunden glaubtenโ. Mit anderen Worten: Wegen einem unpassenden Like, fรผr den ich mich und auch die Urheber aufrichtig entschuldigt haben, vergleicht mich der Chefredaktor des grรถssten Schweizer Medienverlags mit Nazis.
Ich habe Arthur Rutishauser um eine Stellungnahme gebeten. Ich wollte wissen, weshalb er mich nicht befragt hat, und ob es ihm ernst sei mit seinem Nazivergleich. Ich habe heute Mittag eine Antwort per Email bekommen. Ruthishauser verschanzt sich mit seiner Tatsachenbehauptung fรคlschlicherweise hinter der Artikelform: โ… wie Sie vielleicht bemerkt haben handelt es sich bei meinem Beitrag um einen Kommentar. Da ist es nicht รผblich Zitate oder Stellungnahmen der Gegenseite einzuholen. โ Und auch beim Nazivergleich bleibt er: โAnsonsten finde ich die Hetze, die da betrieben wurde, einfach weil jemandem die Ansichten einer Journalistin nicht passt, totalitรคr und intolerant. Zu was Intoleranz und Hetze fรผhren kann, das haben wir in Europa erlebt.โ
Ich bin etwas ratlos. Es laufen auf politischer Ebene von rechter Seite offene Angriffe auf das Engagement von #NetzCourage. Nationalrat Glarner hat angekรผndigt, alles dagegen zu tun, dass #NetzCourage รถffentliche Unterstรผtzung bekommt. Mit der Soforthilfe- und Beratungsstelle #NetzAmbulanz leisten mein Team und ich seit 4 Jahren Pionierinnenarbeit und richten tรคglich rund um die Uhr teils unmenschlich belastende Arbeit fรผr die Schwรคchsten der Gesellschaft aus. Endlich wird diese Arbeit nun anerkannt. Nun wird ein unbedachter Gefรคllt-mir-Knopf zum Anlass genommen, den Angriff auf dieses Engagement zu fahren und in Frage zu stellen. Wie sehr sich 20Minuten und der Tagesanzeiger-Chef dabei von Glarner und Kรถppel einspannen und wie unjournalistisch sie vorgehen, รผberrascht mich nicht mal.
Die Leser*innen werden durch bewusstes Weglassen des gesamten Kontextes und der Information, dass ich mich lรคngst distanziert habe, vom Chefredaktor bewusst desinformiert, gar manipuliert.
Auch wenn dies alles als taktische Vorgehensweise zu begrรผnden ist: Sowas ist in der Schweiz neu und brandgefรคhrlich.
Aber bleiben wir beim wichtigsten Punkt. Fรผr den von mir gemachten Fehler, einen Like unter einen inadรคquaten Tweet gesetzt zu haben, entschuldige ich mich erneut und im Namen von #NetzCourage in aller Form. Ich werde kรผnftig besser aufpassen, ein Mensch bleibe ich aber.
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