Ich kenne Sie nicht, habe bis vor Kurzem noch nie was von Ihnen gehört oder gelesen. Das liegt wohl daran, dass ich mich gern vorwärts orientiere, mir eine Diversität von Meinungen wichtig ist, sowie Hassreden und Ausgrenzungen von Minderheiten im Grundsatz verurteile.

17/5/2019 

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Sie schreiben immer und immer wieder über mich, oder geben in Fernsehsendungen Auskunft. Sie geben dabei vor, zu wissen, was sich in jener Nacht im Dezember 2014 in Zug abspielte. Ich frage Sie: stand ich unter Drogeneinfluss? Genauso wie der ehemalige Kantonsratskollege, der ebenfalls einen absoluten Filmriss hatte? Was könnten das für Drogen gewesen sein? Es konnte nichts nachgewiesen werden. Nicht einmal Alkohol fand sich in meinem Blut. Und wo war ich, zwischen 1 Uhr und 3 Uhr morgens, als mich mein Mann danach völlig verwirrt zu Hause auffand. Spital, Polizei, Gerichte. Niemand weiss das – ausser Ihnen!

Was ich aber weiss: Ich habe den Kantonsratskollegen nicht angezeigt. Ich habe nicht behauptet, er hätte mich vergewaltigt. Ich bin nicht von mir aus an die Öffentlichkeit gegangen. Trotzdem behaupten Sie das Gegenteil von dem, was längst gerichtlich aktenkundig ist. Sie lügen! Warum?

Ihre Texte kommen im Stil jener Mails daher, welche man in der Wut schreibt, dann aber beschliesst, nochmals darüber zu schlafen. Am nächsten Tag ist man jeweils wahnsinnig froh, hat man den Text nicht abgeschickt und löscht ihn. Sie hingegen finden bei ihren Kolumnen und Kommentaren die Delete-Taste nicht. Sie lassen es laufen. Vermutlich auf ein bisschen wärmende Aufmerksamkeit hoffend.

Ich kommentiere auch immer gern und grosszügig alles, was ich besser weiss. Wenn ich aber von etwas keine Ahnung habe, halte ich mich zurück. Sie machens umgekehrt. Sie kommentieren seit Jahren alles, wovon Sie keine Ahnung haben. Sie haben es damit sogar geschafft, eine zeitlang die Beweislast umzukehren. Die Öffentlichkeit hat mich verurteilt. Sie haben ein Bild von mir geschaffen, das nicht stimmte. Ich musste das Gegenteil beweisen. Aber wissen Sie was: Ich glaub ich bin drauf und dran, das zu schaffen. 

Ihre Verstrickungen widern mich an. Der eine kotzt in der Weltwoche über mich runter, obwohl das Urteil im Berufungsprozess gegen den Kollegen, der in erster Instanz haushoch verloren hat, ansteht. Im Branchenblatt eilt der pensionierte Blick-Kollege seinem Ex-Kollegen von der Schweizer Illustrierten, der sich am Vortag im Fernsehen vor laufender Kamera lächerlich gemacht hat, zu Hilfe. Ihr deckt euch gegenseitig und versucht dabei, den Journalismus in Geiselhaft zu nehmen. Aber das wird nicht gelingen. Die Zeiten haben sich geändert.

Auch an das Urteil gegen Ringier würde ich mich gewöhnen. Unter uns: wenn ein Gericht, übrigens mit einer bürgerlichen Dreierbesetzung SVP/FDP/SVP, ein sehr, sehr klares Urteil fällt und eine Genugtuung in Rekordhöhe spricht, würd ich nicht reflexartig «Fehlurteil!» schreien. Ein solch kindliches Verhalten kenne ich sonst nur noch von Donald Trump. Erst skandalisiert ihr mich, jetzt skandalisiert ihr das Gericht und das Urteil. 

Faktenfreie Stammtischmeinungen, mehr ist da nicht. Und das seit Jahren.

Im Rudel, im Club der rüstigen Ringier-Rentner, fühlen Sie sich offenbar am wohlsten. Ich mag Ihnen das gönnen. Auch das bisschen Aufmerksamkeit, das sie jetzt noch einmal abbekommen. Aber wäre es nicht an der Zeit, den medienethischen Diskurs und die Gestaltung der neuen Strukturen in der digitalen Gesellschaft der nächsten Generation zu überlassen?

Meine Herren, man bezieht nur einmal im Leben eine Rente! Geniessen Sie das Leben doch einfach und geben Sie sich der täglich wachsenden Unwichtigkeit hin. Sie werden sehen, das entspannt besser als jedes Fussbad.

Leben Sie wohl.
Jolanda Spiess-Hegglin

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